Was ist Liebe?

 

Von Christian Joswig

 

Um mal einen kleinen Text vorzustellen, der aufzeigt, daß ich nichts mit „rechts“, rechtsradikal, Rechtsextremismus oder anderen solchen „braunen Sachen“ zu tun habe, möchte ich kundtun, daß die Tugenden, für die ich einstehe, Lernen, Wissen, Wahrheit, Ehrlichkeit, Gewissenhaftigkeit, Hoffnung, Optimismus und Liebe heißen. Wobei ich sehr großen Wert darauf lege, daß Liebe nicht dieses mystische Irgendwas ist, sondern die Definition für Liebe ist ganz präzise so:

 

„Liebe ist: Das Gute um des Guten selbst willen.“

 

Das heißt, jemanden zu lieben, heißt als Verb: „Ich tue jemandem etwas Gutes, um des Guten selbst willen.“ Und nicht, um Geld, Macht oder Ansehen zu bekommen!

Das heißt allerdings nicht, daß es nicht legitim ist, jemandem etwas Gutes zu tun, um dafür Geld für den eigenen Lebensunterhalt zu bekommen. Nur ist es dann eben keine Liebe mehr. Um das verständlich zu machen, hier ein Beispiel dazu:

Ich möchte von Hamburg nach München. Wenn ich das selbst bewerkstelligen möchte, dann muß ich mir genügend Proviant einpacken und losmarschieren. Um mir diese eigene Arbeit und Anstrengung sowie die lange Zeit zu ersparen, kann ich aber z.B. am Bahnhof in Hamburg eine Fahrkarte von Hamburg nach München kaufen. Die Bahn fährt mich dann von Hamburg nach München. Und das ist ja etwas gutes. Mir ist die Anstrengung erspart worden, von Hamburg nach München zu laufen. Alle Menschen, die das möglich gemacht haben, die die Gleise gelegt haben, die die Lok und die Waggons gebaut haben, die die Strecke und den gesamten Fahrbetrieb aufrecht erhalten, haben etwas gutes getan und tun mir bezüglich meiner Fahrt auch etwas gutes. Aber eben nicht um des Guten selbst Willen, sondern weil es ihr Job ist und sie nun einmal damit ihren Lebensunterhalt verdienen müssen. Diese Menschen mögen alle sehr nett sein und mir etwas gutes tun, aber ich würde nicht sagen, daß sie mich lieben. Ich kann mir aber z.B. auch ein Auto kaufen und damit von Hamburg nach München fahren. Da haben dann auch wieder all die Menschen für mich etwas gutes getan, die die Straßen gebaut haben und die auf ihre Schicht in der Fabrik gegangen sind, um mein Auto zu produzieren. Aber das haben sie auch alle gemacht, weil sie damit nun einmal ihren Lebensunterhalt verdienen müssen. Wenn ich mich aber an der Autobahnraststätte Hamburg-Stillhorn mit einem Schild an die Ausfahrt stelle, auf dem ein großes M steht, und dann ein Autofahrer anhält und mich nach München mitnimmt, dann kann ich sagen, daß dieser mich liebt. Denn er tut mir etwas gutes, weil er mich dahin fährt, wo ich hin möchte, und er macht es um des Guten selbst willen. Der will kein Geld und keine sonstige Gegenleistung. (Man könnte höchstens als sein egoistisches Motiv anführen, daß er als Gegenleistung einen interessanten Gesprächspartner erwartet, weil die Fahrt alleine für ihn sonst zu langweilig wäre.) Der macht es aber normalerweise aus freien Stücken, weil er ja sowieso nach München fährt und sich denkt, „Da bittet ein Mensch um eine Mitfahrt nach München, nun, dann nehme ich ihn halt mit.“.

Die Erwartungshaltung, daß man für seine Liebe auch Gegenliebe bekommen möchte, ist übrigens auch ganz legitim und kein falscher Egoismus, jedenfalls ist es nicht falsch oder egoistisch, dieses als Kann-Möglichkeit zu erhoffen. Ganz im Gegenteil ist es eine verlogene Lügenpropaganda, wenn Liebe als dieses absolut selbstlose definiert wird, die alles verzeiht usw., denn in dem unten angeführten Sufi-Ausspruch ist ja gesagt, daß Gott nicht nur der Spender, sondern auch der Empfänger der Liebe ist. Und obendrein auch noch die Liebe selbst.

 

 

 

[Als Empfehlung zu diesem Thema sei das Buch

Das Vaterunser – Meditationen und Körperübungen zum kosmischen Jesusgebet von Neil Douglas-Klotz

genannt

(Knaur Esoterik, ISBN 3-426-86008-2, 9,90 DM).

 

„Liebt eure Feinde.“ (Lukas 6:27,35    Lutherbibel)

 

Übersetzung des aramäischen Urtextes Ahebw labwheldbabaichum :

„Von einem verborgenen Platz aus vereinige Dich innerlich mit Deinen Feinden, fülle die innere Leere, durch die sie äußerlich aufgebläht und aus dem Rhythmus gekommen sind: Anstatt flüssig Schritt für Schritt vorwärtszuschreiten, setzen sie in der Bewegung ruckhaft an und brechen sie ruckhaft ab – ohne in Übereinstimmung mit Dir zu sein.

Bringe Dich selbst zurück zu Deinem inneren Rhythmus. Finde die Bewegung, die mit der ihren übereinstimmt, so, wie zwei Liebende Leben aus dem Staub erschaffen. Tu diese Arbeit im geheimen, so daß sie es nicht merken. Diese Liebe ist schöpferisch, sie rührt keine Emotionen auf.“

 

Anmerkungen zu diesem Text:

Das Wort ahebw (Wortwurzel hab), das hier für „Liebe“ steht, unterscheidet sich stark von rahm, welches in anderen Texten benutzt wird. Hierin liegt nicht der Atem von Mitgefühl und Erbarmen, sondern eine noch geheimnisvollere, unpersönliche Kraft, die im geheimen wirkt und unterschiedliche Wesen zusammenführt, um neues Leben zu erschaffen. Die Wortwurzel kann sich auf das Säen von Samen beziehen, auf eine sexuelle Beziehung oder auch auf sprießendes Korn. Diese Wortwurzel war in der gesamten Mystik des Nahen Ostens gebräuchlich und hat in dem berühmten Sufi-Ausspruch überlebt: Mahabud lillah, „Gott ist der Empfänger und der Spender der Liebe und die Liebe selbst“.

Das Wort für „Feind“, bwheldbabaichun vermittelt die Vorstellung von einem Wesen, das aus dem Rhythmus gekommen ist und sich sprunghaft und ruckweise vorwärtsbewegt. Dies entspricht dem aramäischen Bild von „Unrecht“. (Vergleiche dazu die Eräuterungen über das „Böse“ – bischa – zur siebenten Zeile des Vaterunsers.) Die Wortwurzeln deuten auch auf jemanden, dessen eigene innere Leere, Hohlheit und Gedankenlosigkeit dazu führte, daß er äußerlich angeschwollen ist wie eine Beule. Die Wesensmerkmale des „Feindes“ ergeben sich aus der Beziehung zum Subjekt, das heißt, unser Feind ist in Beziehung zu uns unrhythmisch, ruckhaft, leer und aufgeblasen. Der Feind einer Nation oder der Erde weist diese Eigenschaften in Bezug auf eine weit größere Sphäre auf.

Mit dieser einfachen Aussage wird uns das mystische Gesetz von Beziehungen vermittelt. Willst Du mit anderen Leuten auskommen, dann finde den Rhythmus, der mit ihrem übereinstimmt, und bringe beide Rhythmen in Harmonie miteinander. Suche in Dir das, was ihre innere Leere ausfüllen kann, und sprich diese Seite in ihnen an. Diese Aussage fordert Dich dagegen nicht dazu auf, zu Deinem Feind „nett“ zu sein oder Dich von ihm mit Füßen treten zu lassen.“]